Der Müllwagen der Zukunft klingt nicht mehr nach Dieselmotor – er summt. Karlsruhe macht vor, wie moderne Abfallwirtschaft aussehen kann: leise, emissionsfrei und voll vernetzt. Das „Team Sauberes Karlsruhe“ (TSK) hat sieben vollelektrische Mercedes-Benz eEconic in den regulären Betrieb geschickt, elf weitere sind bereits bestellt. Damit gehört Karlsruhe zu den ersten Städten in Deutschland, die ihre Abfallentsorgung konsequent elektrifizieren – und das mit klar messbarem Nutzen.
E-Müllwagen im Alltag: 80 Kilometer, 60 Stopps – und am Abend noch halb voll
Die eEconic fahren nicht im Schaulauf, sondern im harten Abfallsammelalltag – ohne Einschränkungen, ohne Reservestrecken. Restmüll, Sperrmüll, Papierentsorgung – alles wie bisher, nur elektrisch.
- Batteriekapazität: knapp 300 kWh (nutzbar)
- Reichweite im Betrieb: 80–100 km pro Tag
- Verbrauch im Praxistest: nur ca. 35 % Batteriekapazität auf einer kompletten Tagestour
- Stopps pro Schicht: ca. 60
- Einsatzgebiet: gesamtes Stadtgebiet, ohne Einschränkungen
- Einsatzzeit: meist zwei Tage mit einer Ladung, keine Zwischenladungen nötig
Die Besonderheit: Der Stop-and-Go-Betrieb sorgt durch Rekuperation für eine beachtliche Effizienz. Beim Bremsen wird permanent Strom zurückgewonnen – ideal für Sammelverkehr.
Eine Tonne pro Fahrzeug? Nein. Bis zu 170 pro Jahr.
Jeder eEconic spart – je nach Einsatzgebiet – 150 bis 170 Tonnen CO₂ pro Jahr ein.
Mit sieben Fahrzeugen sind das bereits rund 1.200 Tonnen CO₂ jährlich, Tendenz stark steigend. Karlsruhe plant, bis 2035 den kompletten städtischen Fuhrpark – mit Ausnahme einer Notfallreserve – auf alternative Antriebe umzustellen.
Doch nicht nur klimatisch lohnt sich der Umstieg. Auch die Stadtviertel profitieren:
- Weniger Lärm im morgendlichen Frühverkehr
- Kein Dieselgeruch, kein Feinstaubausstoß
- Vibrationen und Motorlärm deutlich reduziert – bessere Arbeitsbedingungen für das Personal
Mitarbeitende loben zudem die kraftvolle Beschleunigung, das vibrationsfreie Fahrgefühl und das angenehmere Arbeiten am Fahrzeugheck.
Ladeinfrastruktur: Mehr als nur Steckdosen, ein vernetztes Energiesystem
Für die Elektrifizierung reicht es nicht, Fahrzeuge anzuschaffen. Karlsruhe hat deshalb parallel eine dezentrale Ladeinfrastruktur mit hohem Vernetzungsgrad aufgebaut – basierend auf einem Konzept von Mercedes-Benz Trucks eConsulting.
Eckdaten der Ladeanlage:
| Element | Spezifikation |
| Ladepunkte | 8 DC-Ladepunkte mit je bis zu 100 kW |
| Power Units | 2 zentrale Leistungseinheiten mit zusammen 400 kW |
| System | DC-Satelliten-Ladesystem, wandmontierte Ladeboxen |
| Steuerung | Energiemanagementsystem zur Priorisierung und Lastregelung |
| Zukunftsoptionen | Batteriespeicher, PV-Anlage, dynamische Stromtarifsteuerung |
Durch das Energiewartungssystem werden Spitzenlasten vermieden und jedes Fahrzeug exakt für die nächste Schicht vollgeladen – nicht mehr, nicht weniger. Künftig soll Solarstrom aus eigener PV-Anlage den Flottenbetrieb ergänzen.
Elektrifizierung als Teamprojekt
Die Elektrifizierung des Karlsruher Abfallbetriebs ist kein Schnellschuss, sondern das Ergebnis einer dreijährigen Kooperation zwischen:
- Mercedes-Benz Trucks
- Händler S&G Automobil
- Team Sauberes Karlsruhe (TSK)
- Stadt Karlsruhe
Zwischen 2024 und 2025 fuhr ein Testfahrzeug über ein Jahr lang im echten Abfallsammelbetrieb. Die Mitarbeitenden gaben Feedback zur Bedienung, Ergonomie, Ladeplanung und Routenfähigkeit – direkt umgesetzt im Serienfahrzeug. Ergebnis: Die Umstiegshürde sinkt spürbar, weil Fahrer und Entsorgungspersonal früh Teil des Projekts waren.
Altes muss entsorgt werden
Der eEconic zeigt: Elektrische Abfallentsorgung funktioniert nicht nur technisch, sondern verbessert auch die Lebensqualität – für Anwohner, Umwelt und die Mitarbeitenden. Was früher laut, stinkend und rüttelnd war, wird jetzt leise, kraftvoll und effizient.
Karlsruhe tauscht Diesel gegen Drehmoment – und macht aus dem Müllwagen ein Stromwerkzeug.

