Wuchtig, kantig, auffällig: Der KGM Torres EVX sieht nicht aus wie ein typisches Elektroauto – und will das auch gar nicht. Statt auf Windkanal-Perfektion setzt er an fast allen verfügbaren Stellen auf eine markante Optik mit vielen Offroad Details und ist somit ein echter Hingucker im Straßenbild.
Ob das alles nur Show ist oder ein Versprechen auf Abenteuer, findet ihr im folgenden Artikel heraus!
Design & Auftritt – Mut zur Kante
Der Torres EVX setzt sehr bewusst auf klassische SUV-Proportionen mit breitem Stand, kantigem Profil und robuster Optik. Große 21-Zoll-Felgen, massive Radkästen in mattem Kunststoff, keine versenkten Türgriffe – Aerodynamik war hier zweitrangig. Stattdessen wurde sich sichtbar Mühe gegeben, den Auftritt perfekt hinzulegen.
Vorne dominieren viele klare Linien, keine Schwünge, kein sanfter Anstieg – es geht direkt los. Die Motorhaube ist hoch und mit zwei seitlichen Erhöhungen kommen hier ein paar Zentimeter hinzu, wodurch sie noch bulliger wirkt. Auf diesen Erhöhungen sind zwei Griffe oder auch Ösen angebracht, was wohl Verzurrpunkte sein sollen. Vorsicht, das ist nur Show, aber dennoch ein cooler Look. Die durchgehende LED-Tagfahrlichtleiste hat eine animierte Willkommensfunktion, die durch eine Kunststoff-Zahnung unterbrochen.
Die Hauptscheinwerfer sitzen tiefer, in den angedeuteten Lufteinlässen. Eingefasst in schwarzem Hochglanzplastik wirkt es optisch stimmig, aber im Alltag verdrecken sie schnell und der Hochglanz wird schnell verschwinden. Es handelt sich dabei um automatisch abblendende LEDs, jedoch nicht um dynamisches Matrix-LED-System. Die Ausleuchtung ist okay, aber gerade in Kurven leider zu schwach.
Hinten setzt der EVX auf ein klassischeres Lichtdesign mit Rückfahrscheinwerfern aus vertikalen LED-Stäben und ohne mittlerweile weit verbreitetem durchgezogenen roten Leuchtband. Dafür ist auch kein Platz, denn hier sitzt ein Reserveradkasten – zwar angedeutet und leicht nach links versetzt, was das Heck spannend und asymmetrisch wirken lässt. Praktisch? Nein! Aber ein Statement und absolut passendes Designelement mit großem Griff, mit dem sich die Heckklappe klassisch öffnen lässt. Der massive Dachkantenspoiler, die Fenster hinter der C-Säule und der massive Kunststoff-Diffusor tragen deutlich zum kantigen Gesamtbild bei und runden den Auftritt vollends ab.
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Innenraum & Verarbeitung
Innen zeigt sich der Torres EVX aufgeräumt und vor allem überraschend minimalistisch modern im Design und der Bedienung. Dem äußeren Anschein nach hätten wir mächtige Griffe, dick eingerahmte Displays und Kippschalter vermutet. Die Materialien sind durchdacht – viel Matt, eine prägnante Zierleiste in Kupferoptik, die sich in der praktisch konzipierten Mittelkonsole wiederfindet, Ambientelicht, Ziernähte, Leder, weiche Armauflagen, kaum schwarzer Klavierlack – keine haptischen Knöpfe! Das erinnert an Tesla und hat Potential für Bedienungs-Hürden. Auch im Torres EVX hier finden wir alte Bekannte. Die unteren Türverkleidungen und die Mittelkonsole sind aus Hartplastik, das ist günstig, aber dafür langlebig.
Das Lenkrad ist groß, griffig, einen Hauch zu dünn und noch mit SsangYong-Logo. Viele Knöpfe gibt es zu drücken und zusätzlich finden wir dahinter Schaltwippen für die Rekuperationsstufen.
Die Sitze sind angenehm breit und auch für größere Menschen bequem. Im ersten Eindruck sind sie doch straffer als erwartet, aber absolut langstreckentauglich. Belüftet, beheizt, hinten ebenfalls Sitzheizung – wow, das wird langsam voll auf der Liste, fehlt nur noch Massage. Die Oberschenkelauflage ist ausreichend, könnte aber gerne ausziehbar sein. Armlehne? Breit genug für zwei und mit ordentlich Stauraum darunter. Wer die Aussicht genießen will, kann das Schiebedach öffnen.
Hinten ist das Platzangebot üppig und die Sitze lassen sich in der Lehne weit nach hinten verstellen. USB Ports und Smartphone Taschen sorgen für den digitalen Komfort, massive Haltebügel an Kopfstützen der ersten Reihe liefern Platz für Kleiderbügel und schweres Zubehör. Sollte der Platz immer noch nicht ausreichen, lässt sich per Knopfdruck am Sitz der ersten Reihe diese nach Vorne schieben oder lehnen. Cooles Feature – ab der mittleren Ausstattung sind Sonnenrollos in den Türen integriert.
Hinter der zweiten Reihe liegt sicherlich einer der Kaufgründe – der Kofferraum mit 704 Litern plus Zusatzfächer unterm Ladeboden – das ist mehr als ausreichend für Alltag und Abenteuer. Einen Frunk gibt es leider nicht, der Motorraum ist komplett belegt.
Infotainment & Bedienung
Im Armaturenbrett des Torres EVX thronen zwei große Displays – schön matt und somit gut lesbar auch bei Sonne. Das Cockpit-Display zeigt volldigital Verbrauchsdaten, Assistenten und Medien. Die Anzeigegrafik ist modern und minimalistisch, aber aufgrund zu dunkler Farbkombinationen in manchen Modi schwer ablesbar – dunkle Schrift auf dunklem Hintergrund.
Was in der verfügbaren Software Version auffällt ist, dass das Navigationssystem keine Ladeplanung hat. Man kann problemlos nach Italien navigieren lassen, die Routenplanung geht schnell, die Ansagen sind durch einen einfachen Übersetzer gejagt worden – aber Ladestops oder eine Anzeige mit dem Akkustand am Ziel sind nicht vorhanden. Es gibt über Apple CarPlay und Android Auto sicherlich sehr gute Apps für diesen Zweck – ich selber nutze a better route planer (ABRP) – die besser als die Software des Autos sind, dennoch sollte dieses Feature in der heutigen Zeit und Generation der Technik immer vorhanden sein. Wir hoffen, dass KGM hier nachliefert bzw. unser Modell nicht vollständig aktualisiert worden ist.
Das Infotainment ist funktional und im gleichen aufgeräumten Design wie das Cockpit. Apple CarPlay & Android Auto sind nur per Kabel nutzbar. Das ist okay, da eine gesonderte Ablage mit Lochbohrung direkt in der Mittelkonsole vorhanden ist und für den aufrechten Stand des Smartphones gedacht ist, jedoch keinen ausreichenden Seitenhalt liefert. In Kurven kippt das Gerät gerne mal – praktisch aber nicht ganz zu Ende gedacht. Im Menü der KGM-Software merkt man es durch das Design nicht, bei der Nutzung von Apple CarPlan oder Android Auto fällt die recht niedrige Display Auflösung auf. Damit kann man arbeiten, aber zeitgemäß ist das in diesem Preissegment nicht.
Wie durch die fehlenden Knöpfe und Schalter im Innenraum zu erwarten ist, funktioniert die Klimasteuerung nur über das Display. Das Menü ist jedoch schnell verstanden und lässt dich zügig bedienen. Per Wischgeste von rechts außen gibt es zusätzlich ein Schnellmenü für Klima, Wetter oder Medien. Dieses extra Menü überlagert alle anderen und bleibt dauerhaft eingeblendet, wenn man möchte. Leider fehlen trotz verfügbarem Platz frei belegbare Buttons oder Favoriten, etwa um Warnsysteme (Müdigkeit, Geschwindigkeit) schnell zu deaktivieren. Diese sind tief im Menü versteckt und nerven im Alltag. Alternativ bringt ein Wisch von oben ein weiteres Menü mit Kameraaktivierung, Lautstärke, Helligkeit – und On/Off der Müdigkeitserkennung & Geschwindigkeitskontrolle.
Das Kamerasystem des Torres EVX zeigt ein 360-Grad-Bild in ausreichender Auflösung sowie wahlweise eine Vogelperspektive für vorne – ideal beim Rangieren mit den toten Winkeln.
Fahren & Technik
Mit 152 kW Leistung und 339 Nm Drehmoment liefert der EVX ordentliche Fahrwerte. 0–100 km/h in 8,1 Sekunden mit Frontantrieb. Ein Heck- oder sogar Allradantrieb stehen aktuell noch nicht zur Wahl. Auffällig beim Anfahren ist, dass er erst leicht verzögert und dann Schub gibt. Wer dabei durchtritt, erlebt schnell durchdrehende Vorderräder – sogar im Comfort-Modus. Der Sportmodus ist überraschend bissig und fast zu giftig für den Frontantrieb. Hier muss man beim Rausbeschleunigen in Kurven Acht geben.
Das Fahrwerk ist komfortorientiert, federt gut, wirkt aber bei Schlaglöchern nicht immer souverän. Die Lenkung ist direkt und das Spurverhalten solide. Solange man den Torres nicht Durchtritt, lässt er sich kontrolliert und sicher durch die Straßen bewegen.
Die Assistenzsysteme funktionieren meist zuverlässig. Der adaptive Tempomat arbeitet aufmerksam, bremst jedoch zu stark und beschleunigt dann wieder träge. Das ist nicht sehr gut, aber Konkurrenten mit deutlich höheren Preisen machen es im Alltag häufig nicht besser. Spurhalte- und Totwinkelwarner sind nützlich, die Müdigkeitserkennung sowie der Warner für die Geschwindigkeitsüberschreitung dagegen überempfindlich, viel zu ungenau und daher ein Stör- als ein Sicherheitsfeature.
Laden & Reichweite
Der BYD Blade-Akku (LFP) mit 73,4 kWh (72 kWh netto) bringt laut WLTP eine Reichweite von bis zu 462 km – realistisch sind nach unserer Erfahrung 280–320 km, je nach Wetter und Fahrweise.
Die AC-Ladeleistung schafft serienmäßig 11 kW, mit DC soll im Peak 120 kW möglich sein – in der Praxis waren es meist 105–115 kW. Das Laden von 10–80 % dauerte in etwa immer 35-40 Minuten, Vorkonditionieren ist leider nicht möglich. Diese Leistungen sind nach heutigen Maßstäben nicht gerade schnell und bestenfalls ausreichend. V2L-Funktion (Also die Stromversorgung von externen 230V-Geräten) bis 3,3 kW ist mit an Bord – praktisch fürs Camping oder E-Bike.
Im Test lagen unsere Verbräuche bei:
- Stadt: 18 kWh
- Autobahn bei 130: 25 kWh
- Gesamt über 1.500 km: 22 kWh
Mit rund 1.900 kg ist der Torres EVX für seine Größe überraschend leicht – das hilft ihm sicher beim Verbrauch.
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Fazit & Preis – Charakter statt Kompromiss
Der KGM Torres EVX ist anders – und das ist gut so. Kein stromlinienförmiger Lifestyle-Stromer, sondern ein eigenständiges E-SUV mit Ecken, Kanten und ehrlicher Robustheit.
Er bietet viel Platz & Komfort, gute Verarbeitungsqualität und Materialauswahl, einen langlebigen Akku, solide Assistenzsysteme und ein Design mit echtem Wiedererkennungswert. Schwächen gibt es leider auch – beim Licht, der Ladeleistung, Ladeplanung und beim Infotainment – nichts davon ist ein echter Dealbreaker, wenn man sich auf die Kompromisse einlässt.
Ein Highlight – bevor es zum Preis kommt: die Garantieleistungen. Hersteller- & Mobilitätsgarantie betragen 7 Jahre, auf den Akku gibt es 10 Jahre oder 1.000.000 Kilometer! Ein absolutes Statement! Kennt ihr ähnliche Leistungen?
Für 48.990 € voll ausgestattet (inkl. Wärmepumpe) bekommt man hier ein richtig gutes Gesamtpaket.
Ein großes Thema ist dann noch das Händler- und Servicenetzwerk. Gegen eine Volkswagen AG kann sicherlich kaum eine Marke ankommen, aber KGM ist mit aktuell 100 Händlern (noch in diesem Jahr sollen 150 werden) in allen Regionen Deutschlands vertreten. Damit kann man arbeiten.
Kurz: Wer etwas Eigenständiges sucht, wird hier fündig und sollte sich den KGM Torres EVX durchaus im Detail anschauen.
Technische Daten (Kurzfassung)
- Motor: 152,2 kW (207 PS), 339 Nm, Frontantrieb
- Akku: 73,4 kWh LFP (netto 72,0 kWh)
- Reichweite: 462 km WLTP, realistisch ca. 400 km
- Verbrauch: 18–25 kWh/100 km
- Ladeleistung: 11 kW AC / 120 kW DC (10–80 % in ca. 40 min)
- V2L: ja, bis 3,3 kW
- 0–100 km/h: 8,1 s, Vmax: 175 km/h
- Maße: 4.715 mm lang, 1.890 mm breit, 1.725 mm hoch
- Kofferraum: 703–1.662 l
- Garantie: 10 Jahre / 1 Mio. km auf den Akku
- Preise:
- Core – ab 41.990€
- 18″ Felgen
- Stoffsitze mit vorderer Sitzheizung
- 12,3″ Touchscreen + digitales Cockpit
- Standard-Assistenzsysteme inkl. ACC & Spurwechsel-Assistent
- Licht- & Regensensor
- Rückfahrkamera
- Vehicle-2-Load
- Keine Wärmepumpe, keine E-Heckklappe
- Bliss – ab 44.990€
- 18″ Felgen
- Kunstledersitze,voll-elektrisch
- Sitzheizung/-belüftung vorn, hinten Sitzheizung
- Totwinkel- & Querverkehrswarner
- Ambientebeleuchtung, Lenkradheizung, Kabelloses Laden für Smartphone
- Rückfahrkamera und Parksensoren Vorne
- Sonnenrollos hinten
- Keine Wärmepumpe, keine E-Heckklappe
- Lux – ab 48.990 €
- 20″ Felfen
- Ledersitze, voll-elektrisch
- 360 Grad Kamera
- Wärmepumpe, E-Heckklappe
- Core – ab 41.990€